Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas trauert um ihr langjähriges Beiratsmitglied, den Militärhistoriker Prof. Dr. Manfred Messerschmidt, der am 18. Dezember 2022 im Alter von 96 Jahren verstorben ist.
Manfred Messerschmidt war sowohl Volljurist als auch Historiker – eine seltene Qualifikation. Bundespräsident Gustav Heinemann berief ihn 1970 zum Leiter des Militärhistorischen Forschungsamtes in Freiburg. Diese Personalentscheidung geht auf den damaligen Verteidigungsminister Helmut Schmidt zurück, der damit eine kritische Beschäftigung mit der deutschen Militärgeschichte anstoßen wollte. Seit den 1980er Jahren veröffentlichte Messerschmidt auch Schriften zur Unrechtsjustiz der Wehrmacht.
Als sich im Oktober 1990 erstmals ehemalige Verurteilte und Verfolgte der NS-Militärgerichte trafen, war es vor allem Manfred Messerschmidt zu verdanken, dass bei dieser Zusammenkunft eine Interessenvertretung ins Leben gerufen wurde. In der »Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz« übernahm er bis 2012 den Vorsitz des wissenschaftlichen Beirats und war neben Ludwig Baumann (1921 –2018) lange Jahre eine der prägenden Persönlichkeiten des Kampfes um die Rehabilitation dieser Verfolgtengruppe.
Im Jahr 2000 gründete der Deutsche Bundestag die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Bald darauf konstituierte sich der Beirat unserer Stiftung. Auch hier vertrat Manfred Messerschmidt die Anliegen der Bundesvereinigung. Bei einer ersten erinnerungspolitischen Bestandsaufnahme wurde schnell deutlich, dass gerade ehemalige Wehrmachtdeserteure zu jenen Opfern zählten, die aus der öffentlichen Erinnerung der wiedervereinigten Bundesrepublik ausgegrenzt waren – wie schon Jahrzehnte zuvor in beiden deutschen Staaten und in Österreich. Mehr noch – sie mussten Anfeindungen erdulden, wie übrigens auch Manfred Messerschmidt, der kein Verurteilter der Militärjustiz war. Messerschmidt setzte sich für die Entwicklung einer Wanderausstellung zum Thema ein. Es dauerte fünf lange Jahre, bis die rot-grüne Bundesregierung kurz vor ihrem Ausscheiden aus dem Amt die Finanzierung sicherstellte. Manfred Messerschmidt zählte zu den Rednern bei der feierlichen Eröffnung im Deutschen Theater in Berlin im Juni 2007. Die Ausstellung wandert noch heute und hat mittlerweile eine wohl sechsstellige Zahl an Besuchern und Besucherinnen in der Bundesrepublik, Österreich, Belgien und Luxemburg erreicht.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung sind in Gedanken bei seiner Familie, Angehörigen und Freunden.