Anlässlich 80 Jahre Kriegsende, und 20 Jahre Holocaust-Denkmal luden die Stiftung Denkmal und die Landesvertretung Rheinland-Pfalz am 29. April zu einer Buchvorstellung ein, um die »Zukunft der Erinnerung« im Gespräch näher zu beleuchten und zu diskutieren.
Britta Lenz, Ständige Vertreterin der Bevollmächtigten des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund, für Europa und für Medien, begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste.
Nach ihr hielt Prof. Dr. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bundestagspräsident a.D. und Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Denkmal (2005 – 2017), ein Grußwort, in dem er betonte, dass laut einer aktuellen Studie 42,5% der Menschen in Deutschland fänden, das Erinnerungskultur eine wichtige Sache sei. »… das heißt, weniger als die Hälfte der Menschen in diesem Land… Und 38% befürworten gar einen Schlussstrich.«
Er zitierte Wolfgang Benz, mit einem Satz, der ihm sehr nahe gegangen sei: »Ich dachte, wir hätten aus der Geschichte gelernt. Diese Überzeugung habe ich verloren.« Und weiterhin: »Erinnerungen lassen sich weder verbieten noch verordnen… Aber Erinnerungskultur ist eine öffentliche, eine staatliche Aufgabe…« Er richtete sich direkt an das Publikum mit der Warnung, dass »ein Staat, der so tut, als habe er nichts mit seiner Erinnerung, der Erinnerung an seine Geschichte zu tun, der enthauptet sich sozusagen selbst…«
Anschließend sprach Stefan Ullrich Meyer, Senior Editor Sachbuch bei dtv, Lektor des neu erschienenen Buches, und betonte, Wolfgang Benz, Autor und langjähriger Beiratssprecher der Stiftung, stehe wie kein Zweiter für die gelebte und erlebte Erinnerungspolitik.
Im darauffolgenden Gespräch schilderte eben dieser das Entstehen der deutschen Erinnerungskultur. In seinem neuen Buch setzt er sich mit Ritualisierung und Bürokratisierung des Gedenkens auseinander und warnt vor selbstgefälliger Zufriedenheit. Er weist der jungen Generation einen Weg, die Bürde der Vergangenheit zu tragen, ohne sich erdrücken zu lassen.
Mit Andrea Riedle, Direktorin der Stiftung Topographie des Terrors, diskutierte er den zum Teil umstrittenen Begriff der Befreiung, dass die Mehrheit der Deutschen, den 8. Mai erst einmal als Niederlage begriffen hätten, dass alle »vergessen hatten«, wie sie Hitler einige Jahre zuvor zugejubelt hatten, und sich nun vor allem dem Wiederaufbau des Landes widmeten… Vor allem seien die Insassen der Konzentrationslager, die Zwangsarbeiter befreit wurden… und Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal, betonte die europäische Perspektive, dass es sich für alle von den Nationalsozialisten besetzten Länder durchaus um eine Befreiung gehandelt habe.
Abschließend sprachen Wolfgang Benz, Uwe Neumärker und Andrea Riedle über Erinnerungskultur und Bildungspolitik. Andrea Riedle betonte, der Transfer in die Gegenwart sei notwendig. Doch was könne man hierfür tun? Wolfgang Benz erwiderte darauf: »Es muss Wissen vermittelt werden! Nicht nur irgendein Gefühl, dass man irgendwie dem Bösen widerstehen muss.«
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