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Fast 98 Jahre alt …

  • 20. April 2022
  • Aktuelles, Werkstattbericht
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Die Zeitzeugen Zilli Schmidt und Walter Frankenstein

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Mannheim, 5. April 2022: Zilli Schmidt in ihrem Sessel, Foto Stiftung Denkmal
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Mannheim, 5. April 2022: Zilli und Uwe Neumärker, Foto Stiftung Denkmal
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Mannheim, 6. April 2022: Jana Mechelhoff-Herezi und Daniel Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg, am »Friedensengel«, dem Mahnmal für die Toten der Jahre 1933 bis 1945 aus dem Jahr 1952; links ein Stein mit der Aufschrift »Zum Gedenken an die Mannheimer Sinti, die dem Völkermord im Nationalsozialismus zum Opfer fielen.«, Foto Stiftung Denkmal
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Mannheim, 6. April 2022: Jana Mechelhoff-Herezi und Zilli Schmidt nach dem Pflanzen von Balkonblumen, Foto Stiftung Denkmal
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Berlin, 9. April 2022: Walter in der »Jesse-Owens-Lounge« des Olympia-Stadions, Foto Stiftung Denkmal
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Berlin, 9. April 2022: Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Stefano Bazzano, Fanbeauftragter der Hertha, und Walter, Foto Stiftung Denkmal
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Berlin, 9. April 2022: Fankurve von Eisern Union Berlin, Foto Stiftung Denkmal
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Berlin, 9. April 2022: Fankurve von Hertha BSC Berlin, Foto Stiftung Denkmal
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Berlin, 9. April 2022: Walter und Selma Neumärker in bedrückter Stimmung nach dem vierten Tor der Eisernen, Foto Stiftung Denkmal

Außer ihrem Geburtsjahr 1924 haben die Zeitzeugen Zilli Schmidt und Walter Frankenstein wenig gemein. Ihre Verfolgungsgeschichte während des Nationalsozialismus bietet keinerlei Anknüpfungspunkte. Die Sintezza Zilli Schmidt wird am 10. Juli als Cäcilie Reichmann im thüringischen Hinternah in »eine glückliche Familie« von Instrumentenhändlern und Wanderkinobetreibern hineingeboren. Sie sind viel unterwegs. Der Jude Walter Frankenstein erblickt am 30. Juni im westpreußischen Flatow das Licht der Welt. Indes die Reichmanns noch vergleichsweise ungehindert ihrem Gewerbe nachgehen können, flieht Walter im Sommer 1936 aus der judenfeindlichen Umgebung einer Kleinstadt im Osten des Deutschen Reiches nach Berlin und kommt im Auerbach’schen Waisenhaus an der Schönhauser Allee 162 unter. Hier begegnet er seiner späteren Frau Leonie. Seine ersten Erlebnisse allerdings sind der Besuch der Olympischen Spiele im neuen Stadion – er sieht Jesse Owens – und eines Derbys von Hertha BSC in ihrer damaligen Heimstätte, der Plumpe im Wedding. Seitdem ist Walter Fan der Mannschaft. Ab 1941 muss er Zwangsarbeit leisten, im Jahr darauf heiraten Walter und Leonie, 1943 kommt ihr erster Sohn Peter-Uri zur Welt. Fünf Wochen nach seiner Geburt taucht die junge Familie in Berlin unter, versteckt sich bei Freunden und in ausgebombten Häusern. 1944 wird der zweite Sohn – Michael – geboren. Die letzten Kriegstage Ende April 1945 erlebt die Familie in einem öffentlichen Bunker. Zum Zeitpunkt der Befreiung sind Peter-Uri und Michael Frankenstein die jüngsten von insgesamt 25 deutsch-jüdischen Kindern, die in Berlin überlebt hatten.

Zilli wird im Juni 1942 im elsässischen Straßburg festgenommen und in das Konzentrationslager Lety in Böhmen überstellt. Sie flieht, wird erneut verhaftet und im März 1943 in das »Zigeunerfamilienlager« in Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie die Tätowierung Z-1959 erhält. In den folgenden Monaten trifft ihre gesamte Familie dort ein. Am 2. August 1944 verschleppt die SS Zilli zur Zwangsarbeit nach Ravensbrück, in der folgenden Nacht werden ihre vierjährige Tochter Gretel, die Eltern, die Schwester mit fünf Kindern und weitere Verwandte in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Nach Kriegsende findet sie nur ihre beiden Brüder wieder. Zilli geht nach Nürnberg und lernt den Berufsmusiker Toni Schmidt kennen. Beide heiraten 1948 – »so wie die Sinti« – ohne Trauschein; erst 1973 folgt der Gang zum Standesamt.

Den Frankensteins gelingt 1947 die Auswanderung nach Palästina, wo Walter 1948 im Israelischen Unabhängigkeitskrieg kämpft. 1956 emigriert die Familie nach Schweden. Seit den 1980er Jahren besucht Walter regelmäßig Berlin. 1989 stirbt Toni, Zillis Ehemann, 2009 Leonie, Walters Frau. Zu dieser Zeit hat Walter längst begonnen, öffentlich über sein Leben zu sprechen. Zilli wagt diesen Schritt erst 2018, nachdem wir – meine Kollegin Jana Mechelhoff-Herezi und ich – sie kennengelernt haben. Walter und Zilli erhalten 2014 und 2021 für ihr Engagement als Zeitzeugen das Bundesverdienstkreuz.

Auch in Corona-Zeiten sind wir bemüht, die engen Kontakte zu Zilli in Mannheim und zu Walter in Stockholm zu halten. Zilli besuchen wir in regelmäßigen Abständen, so auch am 5./6. April 2022. Spurlos sind die letzten zwei Jahre an ihr nicht vorbeigegangen, aber sie ist wie stets lebenslustig und voller Vertrauen. Ihre dunkle Stimme und ihr Lachen sind unverändert herzlich – wie auch ihre Freude über Blumen. Überschattet wird unser Aufenthalt allerdings durch die Nachricht, dass Zilli im Juli dieses Jahres wegen einer Kernsanierung des Gebäudes umziehen muss. In derselben Woche im April kommt Walter erstmals seit Februar 2020 wieder in seine »eigentliche« Heimatstadt, nach Berlin. Wie üblich hat er ein volles Programm, aber der Höhepunkt ist für den Hertha-Fan seit 85 Jahren und das Ehrenmitglied mit der Nummer 1924 das Heimderby seiner Mannschaft gegen Union am 9. April. Dank des Fanbeauftragten Stefano Bazzano und des Präsidenten Werner Gegenbauer ist Walter Gast »seines« Vereins, der gegen den Abstieg kämpft. Die Hertha verliert gegen die Eisernen aus Köpenick mit 1 : 4. Doch, so Walter, »die Hoffnung stirbt zuletzt!«

In wenigen Wochen werden Walter und Zilli 98 Jahre alt. Beide haben nunmehr doch eines gemein – ihren 100. Geburtstag zu erleben.

Uwe Neumärker

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