Sie verweigerten den Hitlergruß, sie verweigerten den Wehrdienst, sie verweigerten sich der SED: Die Zeugen Jehovas zahlten für ihre Überzeugung einen hohen Preis. Vor 75 Jahren, am 31. August 1950, wurde die christliche Religionsgemeinschaft in der DDR verboten. Das Verbot folgte auf eine Phase zunehmender Repressionen, die an die systematische Verfolgung unter dem NS-Regime anknüpfte. In der DDR wurden Zeugen Jehovas als »imperialistische Feindorganisation« eingestuft, ihre Aktivitäten kriminalisiert, viele Mitglieder verhaftet und verurteilt. Unter ihnen befanden sich etwa 700, die bereits zwischen 1933 und 1945 in KZ eingesperrt waren.
Am 2. September 2025 wird in der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus die Ausstellung »Verboten und verfolgt. Jehovas Zeugen im KZ Ravensbrück und in Haftanstalten der DDR« eröffnet. Sie wurde von der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück gemeinsam mit der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur konzipiert und mit Unterstützung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung umgesetzt. Zwei Tage später, am 4. September 2025, laden die Bundesstiftung Aufarbeitung und die Ständige Konferenz der NS-Gedenkorte im Berliner Raum zum Podiumsgespräch »Zweifache Verfolgung. Die Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus und in der DDR« ein. Dort diskutieren Historikerinnen und Historiker Ähnlichkeiten und Unterschiede ihrer nationalsozialistischen und kommunistischen Verfolgung.
»Kaum eine Religionsgemeinschaft war im 20. Jahrhundert in Deutschland einem so anhaltenden Verfolgungsdruck ausgesetzt wie die Zeugen Jehovas – zuerst unter den Nationalsozialisten, dann in der SED-Diktatur. Ihr konsequentes Festhalten am eigenen Glauben und ihren Überzeugungen wurde ihnen in beiden Systemen zum Verhängnis,« so die Direktorin der Bundesstiftung Aufarbeitung Dr. Anna Kaminsky.
Uwe Neumärker, Vorsitzender der Ständigen Konferenz 2025 und Direktor der Bundesstiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die das Mahnmal für die im Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Zeugen Jehovas im Tiergarten errichtet und betreuen wird: »Der Mut der damaligen Zeugen Jehovas, aufgrund ihres Glaubens und tiefer Mitmenschlichkeit gegen beide Diktaturen Widerstand zu leisten und anderen Verfolgten zu helfen, ist ein gewichtiges Zeichen auch für die Gegenwart.«
Laut einer Einschätzung des Ministeriums für Staatssicherheit bekannten sich Ende 1988 rund 21.700 DDR-Bürgerinnen und -Bürger zu den Zeugen Jehovas, wobei die Hälfte in den Bezirken Karl-Marx-Stadt und Dresden lebte.
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