Heute, am 12. November 2025, befasste sich das Bundeskabinett mit dem von Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, vorgelegten Entwurf der »Konzeption des Bundes für die Gedenkstätten zur Aufarbeitung der NS-Terrorherrschaft und der SED-Diktatur«.
Die bisherige Fassung aus dem Jahr 2008 wurde nach 17 Jahren nun grundlegend erneuert, um gegenwärtigen gesellschaftlichen, digitalen und politischen Herausforderungen gerecht zu werden.
Im Anschluss an die Kabinettssitzung fand ein Pressetermin mit dem Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, statt, im Beisein von Evelyn Zupke, Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, und Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.
Die Pressemeldung zum Beschluss des Staatsministers im Wortlaut:
Bundeskabinett beschließt neue Gedenkstättenkonzeption – Staatsminister Weimer: »Gedenkstätten und Erinnerungsorte sind zentrale Pfeiler unseres demokratischen Selbstverständnisses.«
Das Bundeskabinett hat heute den von Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, vorgelegten Entwurf der »Konzeption des Bundes für die Gedenkstätten zur Aufarbeitung der NS-Terrorherrschaft und der SED-Diktatur« beschlossen. Nach 17 Jahren wurde die bisherige Fassung aus dem Jahr 2008 grundlegend erneuert, um aktuellen gesellschaftlichen, digitalen und politischen Herausforderungen gerecht zu werden. Damit wird ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags umgesetzt.
Die neue Gedenkstättenkonzeption des Bundes gilt ab sofort. Sie bildet die Grundlage für die Förderung und Weiterentwicklung der Gedenkstätten, die an die Verbrechen des Nationalsozialismus und das SED-Unrecht erinnern.
Nach der Kabinettentscheidung sagte Staatsminister Weimer: »Die Bundesrepublik Deutschland trägt eine dauerhafte Verantwortung, die staatlich begangenen Verbrechen des 20. Jahrhunderts aufzuarbeiten und der Opfer zu gedenken. Gedenkstätten und Erinnerungsorte sind dabei zentrale Pfeiler unseres demokratischen Selbstverständnisses. Sie halten die Erinnerung an Unrecht, Verfolgung und das Leid der Opfer wach, sie fördern historisches Wissen und leisten einen bedeutenden Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie. Die Unterstützung der Gedenkstätten bleibt daher eine zentrale Aufgabe der Bundesregierung.«
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, erklärt: »Wir begrüßen die Fortschreibung des Gedenkstättenkonzepts des Bundes. Sie ist ein wichtiges und ein notwendiges Zeichen. Der klare Fokus auf die Verbrechen der NS-Diktatur und der Schwerpunkt auf den singulären Zivilisationsbruch der Schoah senden dabei angesichts der aktuellen Herausforderungen und der Bedrohung jüdischen Lebens durch den wieder aufkeimenden Antisemitismus das richtige Signal. Der Erhalt der historischen Orte, die Digitalisierung der Inhalte sowie der verstärkte Fokus auf Vermittlung sind allesamt Aktualisierungen des Konzepts, die der zunehmenden zeitlichen Ferne zur Schoah Rechnung tragen und einem Verblassen oder Verwischen der Erinnerung entgegenwirken können.«
Evelyn Zupke, Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag, ergänzte: »Unsere Gedenkstätten sind Teil der kritischen Infrastruktur unserer Demokratie. So wie wir Schienen, Straßen und Brücken sanieren und modernisieren, müssen wir auch unsere Einrichtungen zur Geschichtsvermittlung fit machen für die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft. Mit der neuen Gedenkstättenkonzeption stärken wir die Erinnerung an die Opfer und schlagen zugleich eine Brücke zwischen der Vergangenheit und unserer Gegenwart durch eine Stärkung der Vermittlungsarbeit, insbesondere auch im digitalen Raum.«
Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, betonte: »Der Kern des Gedenkens in der Bundesrepublik sind die sogenannten Staatsverbrechen: der Nationalsozialismus und die SED-Diktatur. Die vielfältige Gedenkstättenlandschaft bildet das Gerüst unserer Erinnerungskultur, das gerade in diesen stürmischen Zeiten gestärkt werden muss. Wir sensibilisieren, klären auf und zeigen, wozu verbrecherische Regime fähig sind. Vor allem würdigen wir die Opfer. Zugleich müssen sich alle Gedenkstätten für die Zukunft wappnen. Wir treten in die Phase ein, in der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen – etwa des Holocaust – keine Stützen des Erinnerns mehr sein können und die authentischen Orte eine noch größere Bedeutung gewinnen. Es besteht immenser Handlungsbedarf, dessen Herausforderungen die Konzeption beschreibt.«
Antworten auf aktuelle Herausforderungen
Die überarbeitete Konzeption würdigt die bisherigen Leistungen der Gedenkstätten und reagiert auf aktuelle Entwicklungen wie den größer gewordenen zeitlichen Abstand zu den Verbrechen, eine sich wandelnde vielfältigere Gesellschaft, bauliche Gefährdung der historischen Orte, den digitalen Wandel und die wachsende Bedrohung durch Geschichtsverfälschung und zunehmende Anfeindungen, sogar Angriffe auf Gedenkstätten.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, definiert der Bund drei neue Schwerpunkte bei der Projektförderung:
- Erhalt der historischen Orte – Sicherung, Sanierung und denkmalgerechter Erhalt von Gedenkstätten
- Digitalisierung und digitale Lebenswelten – Förderung innovativer digitaler Vermittlungsformate wie Podcasts, Social-Media-Projekte oder digitale Archive.
- Vermittlung und Forschung – Unterstützung neuer Themen, Ausstellungsformen und ortsbezogener Forschung zur Weiterentwicklung der Gedenkstättenarbeit.
»Mit der neuen Gedenkstättenkonzeption unterstreichen wir die Singularität der Schoah, benennen klar das Unrecht der SED-Diktatur und stärken die Einrichtungen angesichts neuer Herausforderungen. Das war nach fast zwanzig Jahren überfällig. Wichtig ist dabei auch, dass die politische und fachliche Unabhängigkeit der Gedenkstätten weiterhin gewahrt bleibt,« so Wolfram Weimer.
Zukunftsorientierte Weiterentwicklung
Die Bundesregierung wird zudem eine wissenschaftliche Kommission berufen, die Empfehlungen erarbeiten soll, welche Einrichtungen künftig in die institutionelle Bundesförderung aufgenommen werden könnten.
Die heute beschlossene neue Gedenkstättenkonzeption ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Gedenkstätten, Opferverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Die Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus ist nicht Teil des Gedenkstättenkonzepts. Die Bundesregierung misst der Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte große Bedeutung bei und wird sie in einem eigenständigen Konzept unterstützen.
Hintergrund:
Die ursprüngliche Gedenkstättenkonzeption wurde 1999 beschlossen und 2008 fortgeschrieben. Sie bildet die Grundlage für die Förderung und Entwicklung der Gedenkstätten an den historischen Orten der nationalsozialistischen Verbrechen sowie des kommunistischen und SED-Unrechts. Mit der aktualisierten Fassung bekräftigt die Bundesregierung ihre Verantwortung, Erinnerung, Aufarbeitung und Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu stärken.
Die vom Kabinett beschlossene »Konzeption des Bundes für die Gedenkstätten zur Aufarbeitung der NS-Terrorherrschaft und der SED-Diktatur« und weitere Informationen finden Sie unter www.kulturstaatsminister.de/gedenkstaettenkonzeption.










